Primär gilt: Depressive Störungen können in der Regel gut behandelt werden, durch Psychotherapie, physikalische Maßnahmen oder (zusätzlich!!) eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva. Häufig wird auch eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung angewandt.
Bei der Psychotherapie konzentriert sich die Interaktion
zwischen Therapeut und Patient sinnvollerweise im Rahmen der 5
Säulen der Identität u.a. auf die aktuelle Lebenssituation
/ Stressoren sowie die zur Krisenintervention beitragende (um)strukturierung
des Tagesablaufes
(z.B.
Wochenplan).
Es
können
verschiedene Verfahren zum Einsatz kommen. Sinnvoll ist ein integrativer
Ansatz, der - je nach Situation und Bedarf des Petienten / der Patientin
- auf verschiedenen Ebenen (Verhalten, Kognitionen / Glaubessätze, Körperinter-
und allenfalls Systeminterventionen (Partner-Einbezug) arbeiten und intervenieren
kann. Ausgeführt
wird die Psychotherapie von PsychotherapeutInnen.
Die rein ärztliche Intervention - Führung des Patienten
durch das psychiatrische / ärztliche
Gespräch (nicht gleichzusetzen mit einer Psychotherapie) und in der Gabe
von Antidepressiva - reicht in der Regel klar nicht.
In der Praxis ist auch eine interdisziplinäre Behandlung über die Berufsgruppen hinweg häufig. Das heißt, es wird eine Psychotherapie durch einen psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt, und parallel dazu werden Antidepressiva von einem Arzt (vom Facharzt, aber nicht selten auch vom Hausarzt) verschrieben.
Psychotherapie
Zur Behandlung der Depression werden verschiedene psychotherapeutische
Verfahren eingesetzt.
Am erfolgreichsten ist ein integrativer Ansatz,
welcher auf verschiedenen Ebenen (Verhalten, Kognitionen, aktuelle Drücke im
aktuellen
Kontext, körperorientiert (Selbstwahrnehmung, Aktivierung, Training), Traumabezogen
sowie alte unerledigte Geschichten verabeitend...und auch systemtherapeutisch
(PartnerInnen- und
Familieneinbezug)
interveniert.
Auf der Ebene des Verhaltens und der Kognitionen geht es vor allem darum,
die depressionsauslösenden
Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen, um sie dann Schritt für
Schritt zu verändern.
Integrative Therapie (H.G.
Petzold et al), Verhaltenstherapie, kognitive
Ansätze (Vorreiter dieser Therapieansätze
waren unter anderem Albert Ellis und Aaron T. Beck), interpersonelle Therapie
(nach Weissman/Klerman, welche auf der Neopsychoanalyse Sullivans basiert),
wie auch tiefenpsychologisch
orientierte, psychoanalytische und humanistische
Verfahren werden in der Therapie der Depression mit nachgewiesenem Erfolg
eingesetzt.
Ein integrativer Ansatz, der nicht nur auf einer dieser Ebenen einsetzt,
hat sich als überdurchschnittlich
wirksam erwiesen.
In gruppentherapeutischen
Verfahren wird versucht, die
Tendenz zum Rückzug
zu überwinden, die verringerten Interaktionsmöglichkeiten zu bessern
und die oft reduzierte Fähigkeit, Hilfe in Anspruch zu nehmen, zu fördern.
Die Psychotherapie kann sowohl als einzige Therapie als bei Bedarf auch in Kombination mit Bewegungs-, Sport- und allenfalls auch einer Pharmakotherapie eingesetzt werden.
Um - je nach Bedarf der PatientIn - auf diesen verschiedenen Ebenen intervenieren zu können, hat sich in der Praxis ein integrativer Ansatz auf dem Hintergrund der 5 Säulen der Identität als sinnvollste Grundlage erwiesen.
Stationäre Behandlung
Bei hohem Leidensdruck, einem
nicht zufriedenstellenden Ansprechen auf ambulante Therapie und Psychopharmaka
sowie wenn die innere Struktur des Patienten sowie seine äussere Struktur
(siehe 5 Säulen der Identität)
nicht genügend Halt bieten, ist eine Behandlung
in einer stationären Psychotherapiestation in Erwägung
zu ziehen.
Eine solche Behandlung bietet verschiedene Vorteile: Der Patient
erhält
eine Tagesstruktur, es sind intensivere psychotherapeutische und medizinische
Maßnahmen
möglich,
auch solche die ambulant nicht abrechenbar sind und somit insbesondere in der
kassenärztlichen Versorgung nicht möglich sind.
Dabei ist es auch möglich, sich in einer
Tagesklinik tagsüber intensiv behandeln zu lassen, die Nacht aber zu
Hause zu verbringen.
Lichttherapie
Bei der saisonalen Depression (siehe auch
Saisonkrankheiten) hat sich die Lichttherapie bewährt. Einige Stunden unter einer Kunstlichtlampe, die
Sonnenlicht nachempfindet, helfen bei dieser speziellen Erkrankung, dass
während der Wintermonate keine depressiven Symptome auftreten.
Elektrische/elektromagnetische Stimulationen
Insbesondere
bei schweren und über lange Zeit gegen medikamentöse
Behandlung resistenten Depressionen kommen gerade in jüngerer Zeit wieder
stärker nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren zum Einsatz, deren
Wirkprinzipien jedoch weitgehend unklar sind.
Das häufigste diesbezüglich eingesetzte Verfahren ist die Elektrokrampftherapie. In der Epilepsie-Behandlung fiel auf, dass bei Patienten, die gleichzeitig an einer Depression litten, nach einem epileptischen Anfall auch eine Verbesserung der Stimmung auftrat. Die Elektrokrampftherapie wird in Narkose durchgeführt und stellt dann, wenn Medikamente bei schweren Depressionen nicht wirken eine ernsthafte Alternative dar.
Derzeit in einigen Studien befindlich ist die Vagusnerv-Stimulation, bei der eine Art Herzschrittmacher im Abstand von einigen Minuten jeweils kleine elektrische Impulse an den Vagusnerv schickt. Diese Therapie, die ansonsten insbesondere bei Epilepsie-Patienten Anwendung findet, scheint bei etwa 30 bis 40 Prozent der ansonsten therapieresistenten Patienten anzuschlagen.
Ebenfalls getestet wird derzeit die transkranielle Magnetstimulation (TMS), bei der das Gehirn der Patienten durch ein Magnetfeld angeregt wird. Die Anzahl der mit den letztgenannten Verfahren behandelten Studienteilnehmer ist jedoch noch recht gering, so dass derzeit (2004) keine abschließenden Aussagen zu machen sind.
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen sind kein Ersatz
für Therapien, sondern sie können
eine begleitende Hilfe darstellen. Selbsthilfegruppen können bei chronisch-rezidivierenden
Störungen als lebenslange Begleitung und Rückzugsorte (mit allen
Vor- und Nachteilen!!) dienen.
Einige Gruppen wie z.B die 12-Schritte-Gruppe
Emotions
Anonymous
erwarten
keine
Voranmeldung,
sodass
Betroffene spontan
bei akuten depressiven Phasen Hilfe suchen können. Hier können
Betroffene das Gefühl bekommen, unter Gleichen zu sein und verstanden
zu werden. Als niedrigschwelliges Angebot haben sich Selbsthilfegruppen im
ambulanten Bereich etabliert und leisten einen wichtigen Beitrag. In Krankenhäusern
und Reha-Klinik helfen sie Betroffenen, ihre Eigenverantwortung zu stärken
und Selbstvertrauen zu erlangen.
Ernährung
Immer mehr Studien weisen darauf hin, dass
eine ausgewogene, kohlenhydratreiche Ernährung mit reichlich Fisch sich positiv auf leichte Depressionen
auswirken kann. Allerdings hält die überwiegende Mehrzahl der Wissenschaftler
die Wirkung der über die Nahrung aufgenommenen antidepressiv wirksamen
Substanzen auf das Gehirn für viel zu schwach, um Depressionen heilen
zu können.
Die „antidepressive“ Diät sollte viel Obst, Gemüse und Olivenöl, jedoch wenig Fleisch oder Nüsse enthalten. Das für die Ernährung notwendige Protein sollte weitgehend aus Fisch stammen. Die kohlenhydratreiche Ernährung führt im Körper zu einer besseren Verfügbarkeit von Tryptophan, aus welchem im Gehirn der Botenstoff Serotonin aufgebaut wird. Serotonin wiederum spielt eine wichtige Rolle bei der Stressbewältigung und vermittelt auch Glücksgefühle. Depressionen stehen häufig in Zusammenhang mit einem Serotoninmangel im Gehirn.
Nicht nur die Kohlenhydrate, sondern auch das Fischöl bzw. die darin enthaltenen Omega-3-Fettsäuren des Fisches sollen einen positiven Einfluss bei schweren Depressionen haben. Der Wirkungsmechanismus der Omega-3-Fettsäure ist noch nicht aufgeklärt, jedoch wird eine Interaktion von Fettsäure und dem Neurotransmitter Serotonin vermutet: ein Mangel an Serotonin wird häufig von einem Mangel an Omega-3-Fettsäure begleitet, umgekehrt scheint die Gabe der Fettsäure zur Erhöhung des Serotoninspiegels zu führen. Die orthomolekulare Medizin versucht außerdem über die Aminosäuren Tyrosin und oder Phenylalanin (meist in der L-Form) Depressionen günstig zu beeinflussen. Die beiden Aminosäuren werden im Körper in Noradrenalin sowie Dopamin umgewandelt. Die Erhöhung dieser Neurotransmitter kann stimmungsaufhellend sein.
Es ist sicher nicht falsch, auch nach Abklingen der depressiven Beschwerden auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu achten. Dabei spielt vor allem ein gleichmäßiger Blutzuckerspiegel durch regelmäßige Mahlzeiten ein Rolle, ebenso wie ein maßvoller Umgang mit Genussmitteln wie Kaffee, Nikotin und Alkohol dazu beitragen kann, psychisch stabil zu bleiben.
Andere Hilfsmittel
Medizinisch-psychotherapeutisch begleiteter Schlafentzug kann antidepressiv wirksam
sein und wird in seltenen Fällen
zum kurzfristigen Durchbrechen schwerer Depressionen im therapeutischen Rahmen
eingesetzt (allerdings nicht bei einer manisch-depressiven Erkrankung). Die
Methode basiert auf der Freisetzung von Serotonin durch die Fasern der hypnogenen
Kerne der Raphe, die den Schlaf einleiten sollen.
Eine weitere Form der unterstützenden therapeutischen Maßnahmen
ist die Sporttherapie.
Da Sport im sozialen Kontext stattfindet, erleichtert
er eine Wiederaufnahme gesellschaftlicher Kontakte. Ein weiterer Effekt der
körperlichen Betätigung ist das gesteigerte Selbstwertgefühl
und die mögliche Ausschüttung von Endorphinen.
Positive Effekte des Jogging bei Depressionen sind im Gegensatz zu anderen
Sportarten empirisch nachgewiesen.
Andere Hausmittel – wie körperliche Bewegung an der frischen Luft, Entspannungstechniken, kalte Güsse nach Sebastian Kneipp, Kaffee oder Schokolade – bieten an Depressionen Erkrankten keine Hilfe, sondern können höchstens Menschen mit leichten depressiven Verstimmungen Linderung verschaffen.
Anmerkung: In einem rein medizinisch-psycho-somatischen
Modell werden vor allem Interventionen in der Säule "Leiblichkeit" (siehe: Säulen
der Identität) gemacht (Entspannungstraining, Biofeedback, Medikation,
psychotherapeutische und allenfalls traumatherapeutische Interventionen).
In einem integrativen Modell - und dies scheint mir sehr wichtig - werden auch
Interventionen in den anderen Säulen
der Identität gemacht.
Denn der Mensch lebt und steht nicht nur von / in seiner "Leiblichkeit",
sondern immer auch in verschiedenen Kontexten wie "soziales Netzwerk", "Arbeit
und Leistung", "materielle Sicherheit" und "Werte" (siehe: Säulen
der Identität).
Um ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit und nicht nur kurzfristige
Veränderung zu erreichen, ist deshalb ein integratives Modell vorzuziehen,
und sind Interventionen in verschiedenen Säulen angezeigt.
So zeigt sich z.B. heute klar, dass - nebst den Interventionen in der "Säule
Leiblichkeit", also medizinisch-psycho-somatische Interventionen - weitere
Interventionen wie z.B. den Einbezug der Partnerin / des Partners sehr nützlich
ist, und eher zu ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit einer
Therapie führt.
Literatur für Betroffene und Angehörige
Hell
Daniel, Welchen Sinn macht Depression? Ein integrativer Ansatz
Die
Neue Medizin der Emotionen. Stress, Angst, Depression:Gesund werden ohne
Medikamente
Günter
Niklewski et al, Depressionen überwinden
Bevor der Job krank macht
Wenn das Leben zur Last wird Depressionen
- Was Sie wissen sollten. Antworten auf die häufigsten Fragen
Wenn der Mensch, den du liebst, depressiv ist. Wie man Angehörigen oder Freunden
hilft.
Schatten auf der Seele. Wege aus Depression und Angst.
Sie haben es doch gut gemeint. Depression und Familie
Und wo bleibe ich? Leben mit depressiven Menschen. Ein Leitfaden für Angehörige.
Seelenfinsternis. Die Depression eines Psychiaters.
Depression. Wege aus der dunklen Nacht der Seele
Depression. Die verkannte Krankheit
Grundformen der Angst. 4 CDs . Gekürzte Lesung
Depressiv?
Depression
Links:
Sport
in der Psychotherapie bei Depression / depressiven Störungen ?
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